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Alpine

"200.000 Höhenmeter pro Saison sind normal für mich." - Skitouren Enthusiast Lukas Ruetz im Interview

Der 27-jährige Skitouren-Experte Lukas Ruetz aus dem Sellraintal in Tirol genießt bereits seit Jahren einen exzellenten Ruf in der alpinen Szene. Auf seinem Blog sowie auf Social Media informiert er seine Community regelmäßig über spannende Touren und aktuellste Schneebedingungen – auch teilt er sein Wissen gerne live mittels Vorträgen zum Thema Lawinenkunde oder Skitourenstile.

Im Interview erzählt er uns von besonderen Erlebnissen am Berg, seiner bevorzugten Tourenbegleitung, wie er kurz nach seinem Kreuzbandriss wieder auf die Beine/Ski gekommen ist und welche Touren nächste Saison auf seiner To-Do-Liste stehen:

Wann hast du mit dem Skifahren - insbesondere dem Skitourengehen - begonnen?

Mit dem Skifahren hab‘ ich, klassisch für ein „Alpenkind“, begonnen, kurz nachdem ich Laufen konnte. Mit dem Skitourengehen mit 15 Jahren. Mein Vater war ein sehr ambitionierter Skitourengeher und Bergsteiger – es wurde mir praktisch in die Wiege gelegt. Bei meiner ersten Skitour ging es mit meinem Vater nur wenige hundert Höhenmeter über einen Forstweg hinauf zu einer Alm. Allerdings mit Pistenskischuhen und einer Naxo Rahmenbindung. Aus heutiger Sicht zum Schmunzeln und Lachen - es war schon ganz schön anstrengend, Spaß gemacht hat es aber allemal.

Welche Bergerfahrungen zählst du zu deinen Highlights?

Da gibt es ziemlich viele. Zum einen zählen dazu Erfolge, wie die Speedbegehungen langer Skidurchquerungen, wie dem Orient Express, und die vielen Erstbefahrungen die ich in meiner Heimat gemacht hab.  Aber auch Winterbesteigung des Aconcagua solo in einem Zug vom Basecamp hin und retour, leider ohne Ski weil es zu wenig Schnee gab. Oder auch die Erstbefahrung der Nordwand der Tres Gemelos (5220m) in Argentinien. Auf der anderen Seite die weniger spektakuläre Momente während normaler Tourentage: Wunderschöne Sonnenaufgänge, unglaublich gute Schneeverhältnisse oder einfach ein toller Tag mit Freunden auf den Bergen.

Hattest du einmal eine besonders herausfordernde Situation am Berg und wie hast du diese gemeistert?

Als sich mein Freund Markus am Gipfel des Ortler die Bänder im Sprunggelenk gerissen hat und wir noch bis nach Sulden mehrere Stunden abgestiegen sind. Alles ist gut ausgegangen, aber eigentlich hätten wir die Bergrettung rufen sollen.

Ist früh aufstehen für eine Skitour kein Problem für dich?

Nein, ich hab‘ keine Probleme damit, frühmorgens hundemüde aus dem Bett zu kriechen. Es gibt schon Tourentage, da klingelt der Wecker zwischen Mitternacht und 1 Uhr. Der Gedanke in diesem Moment ist dann immer derselbe: “Eigentlich spinnst du komplett!” Aber wenn es langsam hell wird und man früh am Gipfel steht, zahlt es sich jedes Mal aufs Neue aus. Das sind dann aber nicht unbedingt nur die Ultratouren vor der Haustür, sondern eher weite Tagestouren mit längerer Autofahrt. Ich und mein Skitouren-Freundeskreis schlafen, wenn es noch irgendwie möglich ist, lieber daheim als irgendwo zu übernachten und dadurch wieder viel organisieren und mitnehmen zu müssen.

Wie viele Skitouren und Höhenmeter kannst du pro Saison durchschnittlich zählen?

Ich komme durchschnittlich auf 140 Skitouren pro Saison und +/- 200.000 Höhenmeter. Von Oktober bis Juni bin ich so gut wie immer unterwegs - teilweise aber auch das ganze Jahr über, je nachdem wie gut es Frau Holle mit uns meint.

Wie verlief der letzte Winter für dich?

Der letzte Winter war durch die Corona-Restriktionen und das Sportverbot in Tirol speziell. Und dann hab‘ ich mir noch ein Kreuzband gerissen: Es wurden “nur” 107 Skitouren mit 120.000 Höhenmetern von Mitte September bis Ende Juni.

Was machst du um wieder fit für die nächsten Abenteuer zu sein?

Die Kreuzband-OP war Anfang Juli und ich war schon kurz danach wieder viel in den Bergen. Das hieß anfangs zufuß hinauf, mit dem Lift hinunter. Ich konnte drei Wochen danach schon wieder problemlos 1500 Höhenmeter aufsteigen und da es Anfang August auf den Gletschern stark geschneit hat, stand ich vier Wochen nach der OP wieder auf meinen Tourenski, allerdings nur im Aufstieg und mit der Bahn runter. Inzwischen darf ich glücklicherweise auch wieder hinuntergehen. Meiner Meinung nach ist dies das beste Training im Sommer für die Muskulatur zum Skifahren und Skitourengehen.

Was wird deine nächste Tour sein? Und hast du für den nächsten Winter schon bestimmte Ziele auf deiner To-Do-Liste?

Die nächste Tour folgt voraussichtlich im September oder Oktober. Entweder wieder in Nähe eines Gletscherskigebietes oder auch bei mir zuhause, je nachdem wann und wie viel es schneit.

Für den kommenden Winter sind drei spezielle, neue, weite Skidurchquerungen stehen ganz oben auf der Liste: Eine davon verbindet zehn über 3000m hohe Gipfel. Das wird wahrscheinlich das härteste Projekt - mit 6000 Höhenmetern in einem Zug. Eine andere ist eine Skidurchquerung über die größten Gletscher Tirols mit 45 Kilometern Entfernung. Diese Durchquerung ist für den Juli geplant, weil es schon etwas Besonderes ist, wenn man im Juli noch so eine weite Skitour auf der Nordhalbkugel angehen kann. Die dritte Durchquerung verbindet die drei höchsten Gipfel meines Heimatgebirges mit jeweiliger Abfahrt über die Nordwand von jedem der drei. Auf dem Plan stehen auch eine Reihe von Steilwandbefahrungen die vergangenen Winter wegen Corona nicht realisierbar waren, aber da die so stark von der Schneemenge und den Verhältnissen abhängen, muss man das immer auf sich zukommen lassen – genauso wie bei der dritten Durchquerung mit der Steilabfahrt über die Nordwände.

 

Wer ist dein Lieblings-Tourenpartner?

Eindeutig: Mein Hund Aria :)

Und Aria hat genauso viel Spaß daran wie du?

Sie mag ausgesetzte und extrem steile Hänge nicht. Da nehme ich Rücksicht und wenn sie dabei ist, wird die Tour auch auf ihr Können angepasst. Von der Kondition hat sie früher fast alles mitgemacht. Jetzt ist sie 10 Jahre alt und im Winter darf sie bergab immer am Rucksack mitfahren, damit sie nur mehr den Aufstieg bewältigen muss. Aber sie ist immer noch liebend gerne dabei und immer beleidigt, wenn ich meine Sachen packe und sie nicht mitgehen darf.

Wie sehen deine Vorbereitungen aus, bevor du zu einer Skitour aufbrichst?

Am Vortag Gedanken über Wetter, Lawinensituation und Schneeverhältnisse machen und alle verfügbaren Daten dazu checken. Dann überlegen, welche Tour bei diesen Bedingungen das beste Erlebnis und den besten Schnee bietet und dabei möglichst risikooptimiert ist. Der Rucksack wird nach jeder Tour bereits für die nächste gepackt und nur mehr nach dem Wetter bezüglich Kleidung und der Länge der Tour bezüglich Wasser und Versorgung optimiert. Frische, trockene Innenschuhe in die Schale geben und den am besten geeigneten Ski für die Schneeverhältnisse heraussuchen.

Was sind für dich die wichtigsten Utensilien, die bei keiner Tour fehlen dürfen?

Lawinenausrüstung, Airbag, Handy, Erste Hilfe Paket, warme Kleidung, genug Wasser, Multitool, Skistrap, ein guter Ski mit der richtigen Breite – bei Firn sehr schmal, bei Pulver sehr breit - und meine Spiegelreflexkamera :)

Und last but not least: was bedeutet Skitourengehen für dich?

Skitouring ist not a lifestyle – it’s life!

Danke für das Interview, Lukas!

Mehr über Lukas: www.lukasruetz.at I Instagram: @lukasruetz