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KRISTIAN GHEDINA IM INTERVIEW

Alpine

KRISTIAN GHEDINA IM INTERVIEW

„EINE SCHÖNE AKTION, ABER AUCH EIN BISSCHEN VERRÜCKT.”

Kaum ein Alpiner Rennläufer bestreitet eine lange und erfolgreiche Karriere nur auf einer einzigen Skimarke. Einer dieser wenigen ist Kristian Ghedina. Drei WM-Medaillen und 13 Weltcup-Siege holt der Italiener mit Fischer. Die Liebe zur Geschwindigkeit und zu waghalsigen Sprüngen zeichnet den Abfahrtsspezialisten aus. Für immer in Erinnerung bleibt er mit einem ganz besonderen Sprung: Der Grätsche auf der Streif in Kitzbühel. Ausgelöst durch eine Wette mit seinem Cousin – um eine Pizza und eine Cola.

Von wann bis wann warst du mit Fischer-Ski im Weltcup unterwegs? Was waren dabei deine Höhepunkte?

Ich habe meine Weltcup-Karriere 1988 mit Fischer begonnen und ich habe 2006 mit Fischer aufgehört. Ich hatte schon, seit ich ein Kind war, immer eine Leidenschaft für diese Ski. Mit 14 Jahren habe ich erstmals ein Paar bekommen und ich habe die Marke bis heute nicht gewechselt. Mit Fischer verbinde ich sehr viele schöne Erlebnisse in meiner Karriere. Besonders gerne erinnere ich mich an meinen ersten Abfahrtssieg in Cortina zurück, ausgerechnet vor eigenem Publikum. Dann natürlich die Siege in Kitzbühel und in Wengen, wo ich einen Streckenrekord aufgestellt habe, der bis heute nicht geschlagen wurde. Leider ist es mir nie gelungen, den Abfahrts-Weltcup zu gewinnen. Aber ich kann trotzdem mehr als zufrieden sein, weil ich in meiner Karriere mit der gleichen Marke 33 Podestplätze im Weltcup erreicht habe, darunter 13 Siege und auch drei Medaillen bei drei verschiedenen Weltmeisterschaften: Silber in der Kombination 1991 in Saalbach, Abfahrtssilber in der Sierra Nevada 1996 und Abfahrtsbronze 1997 in Sestrière.

Woran erinnerst du dich besonders gerne?

Besonders gerne erinnere ich mich an die Saison 1996/97 zurück, weil ich in einer gewaltigen Form war und ich mit den immer perfekt präparierten Ski in dieser Saison nicht nur die Silbermedaille in Sestrière geholt habe, sondern darüber hinaus neun Podestplätze im Weltcup – das war ganz klar die beste Saison in meiner ganzen Karriere.

Wie bist du zum Rennsport gekommen?

Dass ich zum Rennlauf gekommen bin, war eigentlich ganz normal, weil ich in Cortina d’Ampezzo geboren und dort aufgewachsen bin. Dort war es für alle Burschen normal, irgendeinen Sport zu machen, der mit Schnee oder Eis zu tun hat. Ich habe meine ersten Schritte auf Ski zusammen mit meiner Mutter gemacht, als ich vier Jahre alt war. Von sechs bis acht Jahren habe ich beim Nachwuchs des Cortina Hockey Clubs gespielt. Aber ich hatte mehr Leidenschaft für den Skisport und deshalb habe ich den Club nach zwei Jahren verlassen und bin in den Skiclub von Cortina eingetreten. Von diesem Zeitpunkt an habe ich mich nur mehr dem Skisport gewidmet. Mit 18 bestritt ich die ersten Weltcup-Rennen, zwei Jahre später konnte ich in Gröden und Schladming die ersten Podestplätze erringen.

Was hat dich als Rennläufer ausgezeichnet? Was waren deine Stärken?

Die Sprünge und meine Gleitfähigkeit waren sicherlich meine Stärken während meiner ganzen Karriere. Auf den Pisten liebte ich die langen Kurven, die man mit hoher Geschwindigkeit fahren konnte, und schwierige Sprünge, die für viele Konkurrenten vielleicht ein Handicap waren. Für mich waren sie ein zusätzlicher Grund, noch schneller zu fahren. Wenig leiden konnte ich eine schlechte Sicht und schlechte Lichtverhältnisse.

 

„DIE WETTE HABE ICH LOCKER GEWONNEN, ABER DIE PIZZA SCHULDET MIR MEIN COUSIN NOCH BIS HEUTE!”


Du bist mit deiner Grätsche beim Hahnenkammrennen 2004 in Kitzbühel berühmt geworden. Wie ist es zu diesem legendären Sprung gekommen?

Diese Grätsche, die ich beim letzten Sprung in Kitzbühel gemacht habe, hat mir tatsächlich eine unglaubliche Popularität gebracht. Obwohl jetzt schon zehn Jahre vergangen sind, sprechen mich noch immer viele Leute darauf an, vor allem wenn ich in Kitzbühel bei den Rennen bin. Sie sagen, dass das eine schöne Aktion war, aber auch ein bisschen verrückt. Dieser berühmte Sprung ist aus einer Wette mit meinem Cousin am Renntag entstanden. Nach der Streckenbesichtigung habe ich ihn mitten im Publikum gesehen. Wir haben ein bisschen geplaudert und sind dann auf Sprünge zu sprechen gekommen. Er hat mich auf die Probe gestellt und zu mir gesagt, dass ich nicht in der Lage wäre, beim letzten Sprung auf der Streif eine Grätsche zu machen. Da ich ja für Sprünge eine große Leidenschaft habe, hat er mich damit tief in meinem ganz persönlichen Stolz berührt und ich habe keine Sekunde gezögert, mit ihm zu wetten – das Ganze für eine einfache Pizza und eine Cola im Restaurant. Die Wette habe ich locker gewonnen, aber die Pizza schuldet mir mein Cousin noch bis heute!

Wie hat sich der Skirennsport seit damals verändert?

Es hat sich sehr viel verändert, obwohl es noch nicht so lange her ist, dass ich noch gefahren bin. Zum Teil habe ich es selbst noch erlebt – mit den stark taillierten Ski, den unterschiedlichen Strukturen und Ski mit einer wesentlich besseren Performance. Aber was sich meiner Meinung nach noch mehr geändert hat, ist die Tatsache, dass der Sport zum Business geworden ist. Die Atmosphäre ist nicht mehr so ruhig und entspannt, man scherzt und lacht nicht mehr über jede Sache. Heute gibt es mehr Druck, weil es fast eine Verpflichtung zu sein scheint, gute Ergebnisse für alle Sponsoren einzufahren. Und die Athleten wissen, dass sie nichts mehr dem Zufall überlassen dürfen. Egal, ob das die Vorbereitung betrifft oder die Ernährung, das Präparieren der Ski, die Psyche des Athleten, Tests im Windkanal oder die Schuhe. Es reicht kein besonderes Wachs mehr oder ein robusterer Körperbau als der Gegner oder einige Tage mehr auf den Ski, weil man in der Nähe einer Skipiste aufgewachsen ist und deshalb den Sport jeden Tag ausüben konnte. Man muss heute auf jede Kleinigkeit genau schauen und darf nichts mehr dem Zufall überlassen.

Fehlt dir der Rennsport?

Die Rennen fehlen mir sehr. Mir fehlt der Wettbewerb mit dem Gegner, sich mit anderen zu messen. Aber mir fehlen auch die Geschwindigkeit, das Adrenalin und auch von Zeit zu Zeit ein bisschen Risiko einzugehen – das hat mich schon als Kind fasziniert.

Was hast du nach deiner Skikarriere gemacht und was machst du jetzt?

Nachdem ich 2006 nach den Olympischen Spielen mit dem Rennsport aufgehört habe, hatte ich das Glück, dass ich mit BMW in den Autorennsport einsteigen konnte. Ich habe es zu internationalen Rennen geschafft, bin auch auf einigen europäischen Rennstrecken gegen ehemalige Formel-1- Fahrer angetreten und habe in fünf Jahren auch ein Dutzend Podestplätze eingefahren. Aufgrund der Finanzkrise in Italien und auch international und der hohen Kosten, die dieser Sport verursacht, war es immer schwieriger, Sponsoren zu finden. 2011 habe ich deshalb meine kurze Autorennsport- Karriere beendet. Kaum war diese Karriere vorbei, habe ich ein Angebot bekommen, für das kroatische Team rund um Ivica Kostelić zu arbeiten, um mich um die schnellen Disziplinen zu kümmern. Ich habe mit großer Freude zugesagt und arbeite heute noch mit der kroatischen Mannschaft bei den Trainings im Ausland und im Weltcup.