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EGON ZIMMERMANN IM INTERVIEW

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EGON ZIMMERMANN IM INTERVIEW

„DAS TALENT IST DÜNN WIE EIN BLATT PAPIER, ALLES ANDERE IST DIE HARTE ARBEIT.”


Egon Zimmermann macht mit seinen Erfolgen, allen voran den Abfahrtssieg bei den Olympischen Spielen 1964 in Innsbruck, die Marke Fischer im Rennsport salonfähig. Der Siegerski „Alu Steel“ wird zum Verkaufsschlager. Für Zimmermann selbst ist der Rennlauf, den damals nur Amateure betreiben dürfen, kein großes Geschäft. Nach einem schweren Autounfall im Herbst 1964 kann er an seine früheren Leistungen nicht mehr anknüpfen. Der Erfolg kehrt dennoch zu ihm zurück: Zuerst als Inhaber eines Scotch- Clubs und danach als Chef des Vier-Sterne-Hotels Kristberg in Lech am Arlberg.

Wie sind sie 1962 auf Fischer-Ski gekommen?

Ich bin damals bei Kästle gewesen. Es hat dann eine Kleinigkeit gegeben und ich bin weggegangen. Wenn man gewinnen will, muss man etwas ändern, sonst hat man keinen Erfolg. Fischer hatte damals den Metallski für die Abfahrt. Zuerst haben wir auch nur über den Metallski gesprochen. Ich habe dann aber gesagt, dass ich nicht von einer Firma diesen Ski und von einer anderen einen anderen Ski fahren will. Ich habe dann auch den Holzski „S100“ genommen, um alle Ski von Fischer zu fahren.

Wie war damals das Image der Ski von Fischer im Rennlauf?

Die Ski von Fischer waren für das Militär und die breite Masse. Aus St. Anton hat mich einer angesprochen und gesagt: ‚Jetzt fährst du schon mit einem Militärski‘. Ich habe dann mit dem „S 100“ gewonnen – der aus St. Anton hat schön geschaut! Am Anfang war es so, dass er als Militärski galt. Dann gewinnt jemand damit und dann ist es explodiert mit diesem Ski. Aber so ist es überall. Am Anfang wird man belächelt und auf einmal ist man groß da.

Wie war dieser Siegerski bei den Olympischen Spielen 1964 in Innsbruck?

In Innsbruck bin ich mit einem Vier-Rillen-Ski gefahren. Das war meine Idee. Mit den Rillen ist der Ski besser gelegen, wenn man geradeaus fährt. Man hatte damals 2,25 Meter lange Ski, ich bin mit 2,28 Meter langen gefahren. Durch die Rillen war der Ski bei den Schlägen ruhiger, man hat weniger Tempo verloren. Jeder hat damit aber nicht fahren können. Ich habe sie einem Freund aus der Mannschaft gegeben, der hat gleich einen Sturz damit gerissen und hat nie mehr einen Rillenski genommen. Ich war damals auch der Erste, der einen Innenschuh gehabt hat.

 Ihr größter Erfolg war die Gold-Medaille in Innsbruck. Welche Erinnerungen haben sie an das Rennen?

Ich war Weltmeister, aber Olympia war halt das Größte. Ich habe gut trainiert und war zu 100 Prozent vorbereitet. Ich bin mit der Einstellung ins Rennen gegangen, dass ich gewinnen muss. Es gab damals keine Sicherheitsvorkehrungen. Die Abfahrt war schwer und gefährlich, kurz davor hat es im Training einen tödlichen Unfall gegeben. Die Mutter hat angerufen und gesagt ‚Pass auf!‘ Die Mutter ist ganz wichtig, das vergisst man in so einer Situation nicht. Ich wollte bei diesem Rennen einfach gewinnen. Genauso bin ich auch weggefahren. Ich bin die schwierigsten Passagen richtig gefahren. Wenn man gewinnen will, darf man nicht daran denken, dass man nicht stürzen will oder auf Nummer sicher gehen will. Im Ziel sind dann Journalisten und andere Leute gekommen und haben gesagt, dass ich gewonnen habe. Auch der Bundespräsident wollte gratulieren. Ich habe gesagt: Jetzt noch nicht, erst wenn das Rennen vorbei ist. Einmal bin ich als Führender schon beim Essen gesessen. Jemand ist gekommen und hat gesagt, dass ein anderer noch gewonnen hat. Ich habe ihm geantwortet: Dann hat er halt gewonnen, habe weitergegessen und die Sache war erledigt.

„DIE POLIZEI HAT HÖCHSTENS NACH EINEM AUTOGRAMM GEFRAGT, WENN MAN ZU SCHNELL UNTERWEGS WAR.”


Wie hat sich ihr Leben nach diesem Sieg verändert?

Für mich hat sich nach diesem Sieg nicht so viel verändert. Im Herbst 1964 hatte ich dann einen schweren Autounfall. Das war damals sehr schwierig für mich. Mit 24 Jahren und in Hochform. Das war schwer zu ertragen, aber da musste ich durch. Wir sind damals mit dem Auto so gefahren wie mit den Ski. Darum hat es auch so viele tödliche Unfälle gegeben. Früher hat man anders fahren können. Die Polizei hat höchstens nach einem Autogramm gefragt, wenn man zu schnell unterwegs war. Es war Herbst, es hat ein bisschen geregnet. Da braucht es dann nicht viel. Aber wir sind einfach zu schnell gefahren. Das sind furchtbare Lehrstunden gewesen. Der Arzt hat mir gesagt, dass es mit dem Rennsport nicht mehr geht. Ich wollte aber weitermachen, habe im Frühling wieder angefangen. Aber es war einfach nicht mehr so. Ich habe dann Allergien und alles Mögliche bekommen.

Wie viel haben sie damals als Rennläufer verdient?

Wir waren damals reine Amateure. IOC-Präsident Avery Brundage ist zu mir gekommen, weil er ein Reklamebild von mir gesehen hat. Ich habe ihm gesagt, dass ich davon nichts weiß und habe drei Finger hinauf gehalten. Wir haben nichts nehmen dürfen. Wenn man erfahren hätte, dass man

3.000 Schilling bekommen hat, wären wir gesperrt worden. Wenn man was gekriegt hat, war das minimal. Heute ist es ein Sport, in dem es um Kohle geht. Der Sportler soll auch verdienen, wenn er Erfolge hat. Wer als Sportler mehr tut, wird immer besser sein. Das Talent ist dünn wie ein Blatt Papier, alles andere ist die harte Arbeit.

Was waren ihre Stärken als Rennläufer?

Für mich waren immer die Abfahrt und der Riesenslalom das Wichtigste. Slalom bin ich am Anfang nicht so gefahren, hatte dann aber auch im Slalom meine Erfolge. Der Slalom war für mich aber klar die dritte Disziplin. Wenn wir bei uns eine Schanze gehabt hätten, wäre ich Skispringer geworden. Immer weiter, höher hinaus. Lange Schwünge ziehen und Springen – das hat mir gefallen. Ich war der Einzige, der in Megève eine Doppelwelle übersprungen hat. Das war eine gefährliche Abfahrt, die man dann aufgelassen hat.

Was waren neben Olympia-Gold die Höhepunkte in ihrer Skikarriere?

Ich bin Weltmeister in Chamonix geworden und Olympiasieger in Innsbruck. Man freut sich natürlich, wenn man wichtige Abfahrten wie Kitzbühel oder Megève gewinnt. Da ist einiges zusammengekommen bis ich 24 war. Mit dem Unfall war dann alles anders.

Welche schöne Erinnerungen haben sie an ihre Rennsport-Zeit?

Schön ist, wenn man nette Freunde hat. Faire Sportler, die einem die Hand geben. Ich hatte immer ein sehr gutes Verhältnis zu den Franzosen, auch mit dem Nenning, dem Stiegler. Das vergisst man nicht. Wenn man heute noch Kontakt hat, sich anruft, dann ist das wunderbar. Ingemar Stenmark war ein großartiger und fairer Sportler. Sein Trainer hat gesagt, dass er keinen Tropfen Alkohol trinkt. Ich habe gesagt: Ich mach’ das schon. Wir haben dann zweieinhalb Flaschen Wein miteinander getrunken. Er war auch ein Mensch, wie jeder andere.

Was haben sie nach ihrer Skikarriere gemacht?

Ich habe gespürt, dass es im Rennsport nicht mehr geht. In Lech habe ich dann klein mit einem Scotch-Club mit Barbetrieb angefangen. Das war der Renner. Es waren Persönlichkeiten aus der Politik, Königsfamilien bei mir. Kontakt zu solchen Menschen zu bekommen, ist toll. Wenn du zu anderen ehrlich bist, hast du auch Freundschaften. Dann habe ich das Hotel Kristberg in Lech aufgebaut. Heute führt das ein Neffe von mir weiter. Ich bin überglücklich, wie er das macht. Es ist schön, wenn man in einem kleinen Betrieb diesen Erfolg hat. Schön ist auch, wenn man von den Gästen Komplimente bekommt und sie fragen, warum wir nicht fünf Sterne haben. In einem Hotelbetrieb gibt es immer etwas zu tun. Warum soll ich also in Pension gehen? Wenn ich gesund bleiben will, kann ich nicht in Pension gehen. Ich hatte gesundheitliche Probleme, deshalb bin ich vor drei Jahren das letzte Mal Ski gefahren. Ich möchte mir nicht weh tun, weil ich mich dann im Sommer nicht mehr so bewegen könnte. Wenn man gesund bleiben will, muss man sich bewegen. Und nicht sagen, mir tut alles weh.