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ANDREAS GOLDBERGER IM INTERVIEW

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ANDREAS GOLDBERGER IM INTERVIEW

„DAS FLIEGEN AM KULM IST EMOTIONAL ETWAS BESONDERES.”

Drei Weltcup-Gesamtsiege und WM-Gold erreichte Andreas Goldberger in seiner Karriere. Blickt er zurück, stellt der Oberösterreicher aber das Skifliegen am Kulm emotional an oberste Stelle. Das Fliegen war immer schon eine seiner besonderen Stärken. 2000 stellte er in Planica mit 225 Metern einen neuen Rekord auf. Als Co-Kommentator beim ORF ist Goldberger heute noch im Springer-Zirkus live mit dabei.

Wie bist du zu Fischer gekommen?

Als Oberösterreicher habe ich – direkt an der Quelle – mit Fischer zum Skispringen begonnen. Da ist auch seitens des Landesskiverbandes nichts anderes in Frage gekommen.

Wie bist du Skispringer geworden?

In Waldzell war eine Sprungschanze – die gibt es jetzt nicht mehr. Mein um vier Jahre älterer Bruder ist mit seinen Freunden dort mit Alpin-Ausrüstung gesprungen. Da hat er mich einmal mitgenommen. Mir hat es voll getaugt und bin dabei geblieben.

Wie sah deine erste Sprungausrüstung aus?

Damals hat es nicht so viel Auswahl gegeben. Über den Skiklub Waldzell haben wir unsere Ausrüstung bekommen und man musste nehmen, was da war. Eigentlich hatte ich Schuhgröße 36 – aber es waren leider nur welche in 40 da. Aber das ging auch irgendwie. Mein erster Sprungski war der 180 Zentimeter lange, orange-rote mit Fischer- Transparent-Belag. Oben orange mit dunkelblauem Fischer-Schriftzug  und  mit  der  Kabelzugbindung. 

Hattest du dann direkten Kontakt zu Fischer?

Ja, aber erst später, als ich im C-Kader war und meine Ski in der Firma abholen durfte. Den dunkelroten Ski mit weißer Schrift – und was ich besonders  cool  fand:  mit  Graphit-Belag.  Zudem  hat  dann mein Bruder, durch den ich zum Skispringen gekommen bin, bei Fischer Betriebselektriker gelernt. Da konnte ich dann die Ski zum Schleifen mitgeben, als ich in Stams war.

Hast du von deinen alten Ski noch welche zu Hause?

In Waldzell bei meinen Eltern steht sicher noch der grüne, mit dem ich 1992 im Weltcup gesprungen bin. Richard Diess hat auch noch einen von meinen ersten Weltcupski. Er hat gemeint, er hebt ihn für mich auf.

Die Sprungski haben ja häufig die Farbe gewechselt. Macht beim Skispringen die Farbe etwas aus?

Vielleicht ist Schwarz oder Rot etwas ungewohnt. Generell springt man aber so viel, dass man sich sehr schnell daran gewöhnt und es nichts ausmacht.

Du warst kurz auch bei einer anderen Firma, bist 1999 aber wieder zu Fischer zurückgekommen. Was waren deine Gründe?

Ich habe gemerkt, dass sich da etwas getan hat. Franz Neuländtner hatte als Fischer-Springer mit dem aktiven Sport aufgehört und die Betreuung der Skispringer bei Fischer übernommen. Da ist auf einmal wieder was weitergegangen. Wir haben uns von seiner aktiven Zeit gekannt, da war ein Draht da und er war ein Tüftler. Auch Hans Stroi war der Wahnsinn. Er hat Flügel an die Ski gebaut und solche unglaublichen Sachen. Das war zwar laut Reglement verboten, aber solche Dinge haben das Material trotzdem weiterentwickelt. Sonst wären die heutigen Schaufelformen und vieles andere nie entstanden. Man kann sagen, die Qualität und der Service haben mich überzeugt, wieder zurückzukommen.

Mit Franz Neuländtner hast du wohl so einiges erlebt?

Genug! (lacht) Neuli war und ist ein Tüftler. Viele haben ihn unterschätzt. Bei der Skiflug-WM in Vikersund gab es auf einmal andere Ski, mit neuer Seitenform, und ich bin anfangs überhaupt nicht damit zurechtgekommen. Ich bin dann mit meinem alten Ski gesprungen. Mit dem ist es besser gegangen, aber gegen Hannawald war ich chancenlos. Nach der Skiflug- WM rief Neuli an, er möchte den Ski mit einem anderen Schwerpunkt probieren. Am Freitag darauf war freies Training am Kulm. Wir haben den Ski ummontiert und auf einmal ist es gegangen. Von da an war ich bis zum Ende der Saison wieder unter den ersten fünf.

Du bist ja nicht nur Skispringer. Wie sieht es bei dir mit Alpin und Langlauf aus?

Ich fahre gern Ski und ich gehe gern Langlaufen. Es ist lustig: Man merkt, dass die Langläufer und die Alpinen jeweils eigene Typen sind. Es ist lässig, alles zu probieren, wenn die Möglichkeit dazu besteht. Das macht Spaß.

Von deiner Statur her wärst du der perfekte Langläufer. Hat dich die Nordische Kombination nie gereizt?

Die Kombination hätte mir schon gefallen, aber wir hatten als Kinder nicht die Möglichkeit dazu. Bei uns in Oberösterreich hat es die Nordische Kombination nicht wirklich gegeben. Ich bin erst in der Hauptschule das erste Mal zum Langlaufen gekommen. Da hat es für klassisch einen Schuppenski gegeben, das war mein erster Langlaufski (schmunzelt).

Fällt dir zu Fischer noch eine besondere Anekdote ein?

Als ziemlich junger Spund war ich beim Bergisel-Springen. Die Spur war sehr nass und die Ski entsprechend langsam. Da hat der Gerhard Thaller zu mir gemeint, er probiert mal etwas aus. Sonst wurden die Ski gefeilt oder gebürstet. Der Gerhard hatte aber einen Strukturhobel dabei, und vor dem Sprung ist er damit über meine Ski. Bei Langlauf hatte sowas schon funktioniert – beim Springen leider nicht. Der Hobel war für den Schnee wohl ein bisschen zu rau – und die Ski waren noch langsamer als vorher. Die anderen sind mit 91 km/h über die Schanze und ich bin nur mit 88 km/h drübergerutscht. Tja, der Gerhard hat es gut gemeint und ich war sein Testpilot – und es hätte ja auch gut gehen können. (schmunzelt)

Die Feuertaufe als Langläufer hast du ja dann beim Vasalauf bestanden, oder?

Da hat mich Gerhard Thaller dann wieder gerettet. Da war er bereits nicht mehr als Rennservice-Chef, sondern als Berater vor Ort. Wir wussten alle nicht recht, was wachsen, weil jede Menge Neuschnee angesagt war. Da hat er mich zur Seite genommen und gesagt: „Goldi, wenn du ins Ziel kommen willst, bring mir deine Ski.“ Ich hab ihm die Ski gebracht und war voll gespannt. Er hat die Ski mit Schmirgelpapier abgerieben und Silikonspray daraufgegeben, damit er nicht aneist. Damit bin ich gelaufen – und es war perfekt. So manch einer hat sich gefragt, was ich da auf den Ski hatte – sozusagen einen handgemachten Zeroski.

Beim Arctic Circle Race warst du auch schon unterwegs?

Das war ein richtiges Abenteuer. Es hat schon irgendwie Renncharakter, aber ob du 15. oder 20. bist, ist egal. Es geht in den drei Tagen darum, zu überleben. Wir hatten Glück, denn wir haben die ganze Woche über das schönste Wetter gehabt. Dennoch waren die drei Etappen zäh. Jede Etappe hatte zwischen 50 und 60 Kilometer und um die 1.600 Höhenmeter. Ich dachte wirklich, ich kann nicht so schlecht langlaufen, aber zweimal musste ich bergauf die Ski ausziehen, weil ich nicht mehr konnte. Dazu ist es ganz schön kalt: Am Tag hatte es so um die minus 15 Grad, aber in der Nacht schläft man bei minus 34 Grad im Zelt. Trotzdem war es ein Riesen- Erlebnis, schon weil es mit den Fjorden und den Bergen landschaftlich extrem schön war.

Du hattest in deiner Karriere viele Erfolge. Gibt es einen besonderen Erfolg?

Da gibt es verschiedene. Du kannst dich an den ersten Weltcup-Sieg erinnern. Du kannst dich auch genau erinnern, wann du das erste Mal 100 Meter gesprungen bist, wann das erste Mal am Bergisel oder in Bischofshofen. Am Kulm Skiflug-Weltmeister zu werden, vor so vielen Leuten, ist auch ganz was Besonderes. Auch die Vierschanzentournee hat einen hohen Stellenwert. Als kleines Kind schaust du immer da hinauf und möchtest dabei sein – und dann bist du wirklich dabei und gewinnst auch noch. Das ist schon lässig. Etwas Besonderes war auch der Weltrekordsprung. Auf einmal bist du der, der mit Ski am weitesten geflogen ist. Wenn ich davon einen Erfolg rauspicken müsste ... (denkt nach) Rein sportlich gesehen ist es sicherlich das Größte, dreimal Weltcup-Gesamtsieger zu werden, weil man über einen langen Zeitraum gut sein muss. Emotional gesehen ist es aber sicher das Fliegen am Kulm.

Du bist heute immer noch relativ häufig auf der Schanze. Wie ist das Skispringen jetzt für dich im Vergleich zu den Wettkämpfen?

Jetzt zu springen ist etwas ganz anderes als im Wettkampf. Das jetzige Springen ist Genuss. Wie der Unterschied, ob du einfach zum Spaß langlaufen gehst oder ein Rennen läufst. An das Limit gehen tut weh. Auch beim Skispringen ist es so. Ich habe jetzt keinen Druck mehr. Ich gehe jetzt nur springen, wenn es mir taugt, wenn schönes Wetter ist und wenn ich genau weiß, dass ich mit einer guten Weite runterkomme. Als Vorspringer ist es egal, ob ich 126 oder 127 Meter springe. Der Athlet muss 133 oder 135 Meter springen, muss ans Limit gehen, ein ganz anderes Risiko eingehen. Ich kann sagen, heute ist es mir zu windig, heute gehe ich nicht – als Wettkämpfer geht das nicht. Dann heißt es, wenn du heute nicht springst, wirst du vielleicht bei Olympia nicht dabei sein. Das ist der Luxus, den ich als Nicht-Aktiver habe.