Mit Skirollern quer durch die Schweiz

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Mit Skirollern quer durch die Schweiz

…das müsste eigentlich machbar sein, dachte sich Lars, ein 10-jähriger Langläufer aus Interlaken. Zu Beginn der Sommerferien startete er auf seine Expedition und erreichte am 6. Tag abends Zürich, wo er seine Grossmutter besuchte. Insgesamt legte er mehr als 200 Kilometer zurück, verbuchte einen Stockbruch, einen Sturz und eine laufende Nase und testete nebenbei viele Schweizer Schwimmbäder. Ein kleiner Auszug aus seinem Tagebuch.

Tag 1

Die Schule war vorbei, endlich konnte es losgehen. Mama schwankte ziemlich mit dem ganzen Berg an Gepäck, der auf das Tandem geschnürt war. Zuoberst thronten das Zelt und die Campingstühle – die wollte ich nicht zu Hause lassen. Am Thunersee gab es eine wunderschöne Strecke. Der Fahrradweg führte unmittelbar am Wasser entlang, fast wie eine Skirollerbahn. In Faulensee sprang ich zum ersten Mal in den See, dann ging es weiter. Am Nachmittag musste ich einen kurzen Abschnitt am Rand einer grösseren Strasse laufen, aber insgesamt klappte alles prima und wir waren früh in Thun.

 Tag 2

Der erste Tag war easy gewesen und so startete ich guten Mutes – die Strecke bis nach Bern war nicht so lang. Aber oje, es war mega windig und natürlich mussten wir direkt gegen den Wind laufen. Ich versuchte schnell zu laufen und bewegte mich trotzdem kaum vom Fleck. Am Nachmittag kamen wir am Flugplatz Belp vorbei und dort fiel ich einfach ins Gras am Strassenrand - ich weiss auch nicht, wie das passiert ist. Danach ging es dummerweise noch ein Stück weit den Berg hinauf bis nach Wabern, eingangs von Bern, ich war total k.o. Am Abend gingen wir schwimmen im Marzilibad und spielten Fussball bis es dunkel wurde.

Tag 3

Zum Bundeshaus hinauf musste ich ein steiles Strässchen hochklettern. Doch was mich eigentlich interessierte, war ein gutes Frühstück in der Altstadt. Es gab Brötchen, Croissants und Limonade. Nach den Erfahrungen vom Vortag war ich nicht so motiviert, doch es ging alles viel besser, als ich dachte. Der Weg aus der Stadt war prima und wir kamen schnell voran, wie cool! Insgesamt haben wir an diesem Tag 47 Kilometer zurückgelegt bis nach Solothurn. Die meiste Zeit auf kleinen Strässchen über Land. Die «Badi» (Schweizer Wort für Badeanstalt Anm. der Redaktion) in Solothurn ist absolut genial. Mein Bruder und mein Vater kamen uns besuchen.

Tag 4

Ich glaube, Papa hat auf meiner Sonnenbrille geschlafen, als ich am Morgen aufstand war sie gebrochen! Hilfe! Wir konnten sie mit Klebband flicken. Die Strecke führte durch ruhige Dörfer und viele Kornfelder, mein Bruder fuhr mit - manchmal auf seinen Rollski, manchmal hinten auf dem Tandem. Wegen ihm habe ich mit Langlauf begonnen. Normalerweise ist er viel schneller als ich, aber heute war er faul. In einem super tollen «Bären» in irgendeinem Dorf aßen wir Schnitzel und Pommes Frites. Ganz weit weg sah man die Berner Oberländer Berge. In Aarburg suchten wir natürlich zuerst wieder das Schwimmbad auf.

Tag 5

15 Minuten nach dem Start passierte ein Unglück. Irgendwie muss ich mit meinem Stock zu nahe an Mamas Tandem geraten sein, auf jeden Fall gab es einen Knall und mein Stock war gebrochen! Ich bin total erschrocken, mein schöner pinker Klaebo-Stock war futsch!! Ersatzstöcke hatten wir keine dabei und in Olten konnten wir keinen Sporthändler ausmachen, der mir auf die Schnelle hätte helfen können. So blieb nur, meinen Papa zu alarmieren. Bis fast nach Aarau lief ich ohne Stöcke. Das war nicht so angenehm, vor allem, weil ich ungefähr 100 Bahngeleise und Bordsteinkanten überqueren musste. In Schönenwerd erreichte uns Papa mit neuen Stöcken, so nett! Der Rest des Tages war eine Qual, überall Verkehr, Fabriken und Strassen, ich war müde und meine Nase lief. Irgendwo muss ich mich erkältet haben.

Tag 6

Die erste Strecke von Brugg aus durch die Stadt nahm mich Mama aufs Tandem. Als es nicht mehr so viel Verkehr hatte, zottelte ich wieder selbst los, aber ich musste immer wieder anhalten und die Nase putzen. So kamen wir nur im Schneckentempo Richtung Zürich. Und wie das heiss war! Oh nein. So habe ich mir den Abschluss der Reise nicht vorgestellt. Aber irgendwie schafften wir es trotzdem – das Beste an Zürich war das Skirollern auf der Bahnhofstrasse und natürlich, vom Sprungturm in der Badi zu springen. Am nächsten Morgen fuhren wir ein Stück dem Zürichsee entlang und dann den Hang hinauf zu meiner Grossmutter. Sie war sehr froh, mich zu sehen. Und ich auch!

Fotos: Thomas Ulrich / Ursina Dorer / Annette Marti